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The Foundations of Economics: History and Theory in the Analysis of Economic Reality QUOTES

1 " Die Hypostasierung von Allgemeinbegriffen hat in der europäischen Geistesgeschichte bekanntlich nicht selten eine verhängnisvolle Rolle gespielt. Eine Gruppe radikaler Begriffsrealisten des Mittelalters sah in Allgemeinbegriffen wie Wärme oder Kälte oder Farbe realere Wesen als in den Einzeldingen, denen nur eine abhängige Art von Realität zukomme. Die Universalien seien Substanzen, welche die Einzeldinge erzeugen und bestimmen. - Ähnlich sehen heute radikale Begriffsrealisten - die es allerdings sind, ohne es zu wissen - im Begriff des "Kapitalismus" ein Wesen, dem eine hohere Realität zukomme als den einzelnen Tatsachen und das diese einzelne Tatsachen erzeuge. Im Kapitalismus wird die causa efficiens gesehen - nicht nur des wirtschaftlichen, sondern alles geschichtlichen Geschehens. Diese magisch-mystische Betrachtungsweise beherrscht einen Teil der neueren soziologischen und wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten.

Ein auffallendes Beispiel bietet das Buch von SCHUMPETER "Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie" (Deutsche Ubersetzung 1946). Dort wird nicht nur erzahlt, welche Leistungen der Kapitalismus oder der kapitalistische Prozess (also die "Person" oder die "Substanz") auf technisch-wirtschaftlichem Gebiet vollbracht habe. Wir hören auch, dass der aufsteigende Kapitalismus die moderne Wissenschaft schuf, dass er die Malerei seit GIOTTO gestaltete, dass der moderne Pazifismus und die moderne internationale Moral Produkte des Kapitalismus seien, dass und wie er aber eine allgemeine Feindseligkeit gegen sich erzeugt habe und dass er selbst die Mauern zum Einsturz bringe, auf denen er ruhe. - SCHUMPETER ist Positivist. Er will Fakten darstellen, ohne Stellung zu nehmen. Er will im Stile COMTES, der St. Simonisten und vieler anderer Positivisten das Entwicklungsgesetz "beschreiben", das sich in den geschichtlichen Fakten vorfindet. Und er wehrt sich dagegen, von "Kraft", Ursache"" usw. zu sprechen, da sie metaphysische Begriffe seien. Was geschieht aber? Eine anthropomorph gedachte, iibernatiirliche Kraft - eben der "Kapitalismus" - wird für ihn zum Leiter des Marionettenspieles, das Geschichte heißt. Sie gibt den Gesetzgebern ihre Gedanken, den Wissenschaftlern ihre Einfälle, den Moralphilosophen ihre Vorstellungen von der Welt der Werte, und sie führt den Malern den Pinsel. Wir lesen eine Erzählung über ein zeitweise allmächtiges, nunmehr alterndes Wesen und sein Tun. Seit COMTE rühmen sich die Positivisten, das "theologische" und "metaphysische" Zeitalter überwunden und das dritte Stadium der Menschheitsgeschichte, nämlich das positivistische heraufgeführt zu baben. Wie COMTE und viele andere Positivisten merkt aber auch SCHUMPETER nicht, wie sehr er sich von seinem eigenen Programm entfernt und wie er in magisch-mystisches Denken zurückfällt. Wenige Metaphysiker haben so arglos mit einer personifizierten Substanz gearbeitet und so bedenkenlos geglaubt, in ihr die wirkende Ursache aller Geschichte zu finden, wie SCHUMPETER und andere Moderne in dem personifizierten "Kapitalismus".

Aus dem mittelalterlichen Universalien-Streit und aus den Misserfolgen des hypostasierenden Begriifsrealismus konnten die heutigen Begriffsrealisten viel lernen, und der VerIauf dieses Streites sollte eine Warnung für sie sein. "

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2 " Das, was der Begriff des "Kapitalismus" leisten sollte, war sehr viel - mehr sogar als die übrigen "Querschnitte". Man wollte mit ihm nicht bloß das "Wesen" der Erscheinungen darstellen, das jenseits der historischen Einzelerscheinungen liege und um das sich der Nationalökonom hauptsachlich zu bemühen habe. Das wollte man mit den übrigen Querschnitten - wie Stadtwirtschaft oder Hauswirtschaft - auch. Vielmehr sah und sieht man im Kapitalismus zugleich die wirkende Substanz der modernen Wirtschaft. Die einzelnen Erscheinungen - etwa die Zerstörung alter Handwerkszweige, die Bildung von Kartellen, die Ausdehnung des Welthandels, die Umgestaltung der sozialen Struktur der Länder - werden als Taten eines realen Wesens, eben des Kapitalismus, seine Krisis als ein Verfall dieses Wesens angesehen. Marx und seine Schüler haben in besonderem Maße dahin gewirkt, diese Denkform zu verbreiten. Bei vielen Marx-Schülern und bei anderen Schriftstellern wird der Kapitalismus sogar zur personifizierten Substanz oder zur Person. Es wird berichtet, was der Kapitalismus in Europa und sonstwo vollbracht habe, daß er sein Zerstorungswerk auf der Erde fortsetzen werde, daß der Hochkapitalismus in einem eigentümlichen Rhythmus von Aufstieg und Niedergang gelebt habe und daß er ruhiger, gesetzter, vernünftiger werde, wie es seinem zunehmenden Alter entspreche, daß er aber noch immer Vorräte von Waren zerstore oder Arbeiter ausbeute. Das mogen manchmal nur Eigenheiten der sprachlichen Formulierung sein; meist ist es mehr: den Kapitalismus als gestaltende Substanz oder als reales, lebendes Wesen aufzufassen, ist üblich geworden. Die Masse der Menschen liebt es im übrigen, in solchen Kategorien zu denken und ihnen noch eine besondere Gefiihlsbetonung zu verleihen. "

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