Home > Work > Der Mann ohne Eigenschaften I: Erstes und zweites Buch
1 " Er blätterte in den dicken, alten Alben mit Lichtbildern seiner Familie, [...], und je näher er den Anfängen dieser neuen Bildkunst zu blätterte, desto stolzer, kam ihm vor, hatten sich die Menschen ihr dargeboten. "
― Robert Musil , Der Mann ohne Eigenschaften I: Erstes und zweites Buch
2 " Ungemein viele Menschen fühlen sich heute in bedauerlichem Gegensatz stehen zu ungemein viel anderen Menschen. Es ist ein Grundzug der Kultur, dass der Mensch dem außerhalb seines eigenen Kreises lebenden Menschen aufs tiefstemisstraut, also das nicht nur ein Germane einen Juden, sondern auch einFußballspieler einen Klavierspieler für ein unbegreifliches und minderwertigesWesen hält. Schließlich besteht ja das Ding nur durch seine Grenzen und damitdurch einen gewissermaßen feindseligen Akt gegen seine Umgebung; ohne denPapst hätte es keinen Luther gegeben und ohne die Heiden keinen Papst, darum istes nicht von der Hand zu weisen, dass die tiefste Anlehnung des Menschen anseinen Mitmenschen in dessen Ablehnung besteht. "
3 " Man braucht es sich ja bloß vorzustellen: wenn außen eine schwere Welt auf Zunge, Händen und Augen liegt, der erkaltete Mond aus Erde, Häusern, Sitten, Bildern und Büchern, – und innen ist nichts wie ein haltlos beweglicher Nebel: welches Glück es bedeuten muß, sobald einer einen Ausdruck vormacht, in dem man sich selbst zu erkennen vermeint. Ist irgend etwas natürlicher, als daß jeder leidenschaftliche Mensch sich noch vor den gewöhnlichen Menschen dieser neuen Form bemächtigt?! Sie schenkt ihm den Augenblick des Seins, des Spannungsgleichgewichtes zwischen innen und außen, zwischen Zerpreßtwerden und Zerfliegen. "
4 " Der Zug der Zeit ist ein Zug, der seine Schienen vor sich her rollt. Der Fluß der Zeit ist ein Fluß, der seine Ufer mitführt. "