Home > Author > Carolin Emcke
1 " Wer der Norm entspricht, kann dem Irrturm erliegen, dass es sie nicht gibt. Wer der Mehrheit ähnelt, kann dem Irrturm erliegen, dass die Ebenbildlichkeit mit der die Norm setzenden Mehrheit keine Rolle spielt. Wer der Norm entspricht, dem oder der fällt oft nicht auf, wie sie anderer ausgrenzt oder degradiert. Wer der Norm entspricht, kann sich oft ihre Wirkung nicht vorstellen, weil die eigene Akzeptanz als selbstverständlich angenommen wird. "
― Carolin Emcke , Gegen den Hass
2 " Hass und Gewalt nicht allein zu verurteilen, sondern in ihrer Funktionsweise zu betrachten, heißt immer auch zu zeigen, wo etwas anderes möglich gewesen wäre, wo jemand sich hätte anders entscheiden können, wo jemand hätte einschreiten, wo jemand hätte aussteigen können. Den Hass und die Gewalt nicht einfach nur abzulehnen, sondern zu beobachten, mit welchen rhetorischen Strategien, mit welchen Metaphern oder Bildern der Hass generiert und kanalisiert wird, birgt immer auch die Überzeugung, jene Stellen in den Mustern der Erzählung zu markieren, an denen sie unterbrochen oder unterwandert werden können. "
3 " Wer den Normen entspricht, kann es sich leisten zu verzweifeln, dass es sie gibt. "
― Carolin Emcke , Wie wir begehren
4 " Was sind das für Konstellationen in der Gegenwart, in denen zufällige oder angeborene Unterschiede ausgesucht werden, um daran soziale Anerkennung oder gar Menschen- und Bürgerrechte zu koppeln? "
5 " Warum wird das Spielerische, Leichte, Dynamische aus der Sexualität genommen, warum sind die Klangfarben, die Tonarten der Lust als so statisch, abgegrenzt, einseitig gedacht, warum sind die Modulationen verschwunden aus dem Denken über das Begehren? "
6 " Sie wenden sich gern ab oder lesen nicht weiter, wenn sie nur das Wort "Trans" hören oder ein Sternchen oder einen Unterstrich sehen – als verdienten Phänomene oder Menschen, die es seltener gibt, keine Aufmerksamkeit oder Wertschätzung. Als reichte die eigene Empathie nicht oder als sollte sie nicht reichen. Dabei ist es vielen bei den eher unwahrscheinlichen Figuren aus dem Kosmos von z.b. Shakespeare (...) ganz selbstverständlich, sich einzufühlen und ihre Geschichten verstehen zu wollen. Selten heißt schließlich nicht seltsam oder monströs. Selten heißt nur selten. Es sind womöglich nur Menschen, über die seltener Geschichten erzählt werden. Und es sind manchmal die Menschen mit besonderen, seltenen Eigenschaften oder Erfahrungen, in deren Sehnsüchten und Kämpfen um Anerkennung sich die Verletzbarkeit als condition humaine selbst spiegelt. Und so ist es gerade die Verwundbarkeit von Transpersonen, ihre Suche nach Sichtbarkeit und Anerkennung, in der sich jene wechselseitige Abhängigkeit zeigt, die uns als Menschen allgemein kennzeichnet. Insofern berührt und betrifft die Situation von Transpersonen alle. Nicht nur diejenigen, die so leben und empfinden wie sie. Die Rechte von Transpersonen sind so wichtig wie alle Menschenrechte, und sie zu begründen und zu verteidigen gehört zur Selbstverständlichkeit universalistischen Denkens. "
7 " Heimat ist das, von wo wir ausziehen, wo wir beginnen...Es ist nicht das, wo wir bleiben, es ist nicht das, was uns unverändert begleitet. Die Wanderschaft, auf die wir uns begeben, auf der wir unserem Begehren nachgehen, diese Unruhe, die uns angetrieben hat, das Gefühl des Exils ist die Quelle für das Suchen nach einem anderen Zuhause, nach einer anderen Heimat. "
8 " Nicht gesehen, nicht erkannt zu werden, unsichtbar zu sein für andere, ist wirklich die existentiellste Form der Missachtung. "
9 " El odio jamás podría surgir ni tener el mismo efecto —o al menos no tan duradero ni mantenido en el tiempo, ni tampoco en toda Alemania— de no ser por la tolerancia disimulada de quienes tal vez no aprueben los medios que emplean la violencia y la intimidación, pero sí desprecian el objeto sobre el que el odio se descarga. No son ellos los que odian, pero permiten que odien otros. Tal vez solo sientan indiferencia o no reaccionen por comodidad. No querrán implicarse ni tomar partido. No quieren sentirse importunados por estos conflictos tan desagradables. Desean preservar la tranquilidad de su rutina diaria, que no debe verse perturbada por la diferenciación y la complejidad propias de un mundo moderno. "