Home > Author > Oswald Spengler >

" ἔθελω und βούλομαι heißen, die Absicht, den Wunsch haben, geneigt sein; βουλή heißt Rat, Plan; zu ἔθελω gibt es überhaupt kein Hauptwort. Voluntas ist kein psychologischer Begriff, sondern in echt römischem Tatschensinne wie potestas und virtus eine Bezeichnung für praktische, äußere, sichtbare Begabung, für die Wucht eines menschlichen Einzelseins. Wir gebrauchen in diesem Falle das Fremdwort Energie. Der >>Wille<< Napoleons und die Energie Napoleons: das ist etwas sehr Verschiedenes, wie etwa Flugkraft und Gewicht. Man verwechsle die nach außen gerichtete Intelligenz, die den Römer als zivilisierten Menschen vor dem hellenischen Kulturmenschen auszeichnet, nicht mit dem, was hier Wille genannt ist. Cäsar ist nicht Willens-mensch im Sinne Napoleons. Bezeichnend ist der Sprachgebrauch im römischen Recht, das der Poesie gegenüber das Grundgefühl der römischen Seele viel ursprünglicher darstellt. Die Absicht heißt hier animus (animus occidendi), der Wunsch, der sich auf Strafbares richtet, dolus im Gegensatz zur ungewollten Rechtsverletzung (culpa). Voluntas kommt als technischer Ausdruck gar nicht vor. "

Oswald Spengler , The Decline of the West, Vol 1: Form and Actuality


Image for Quotes

Oswald Spengler quote : ἔθελω und βούλομαι heißen, die Absicht, den Wunsch haben, geneigt sein; βουλή heißt Rat, Plan; zu ἔθελω gibt es überhaupt kein Hauptwort. Voluntas ist kein psychologischer Begriff, sondern in echt römischem Tatschensinne wie potestas und virtus eine Bezeichnung für praktische, äußere, sichtbare Begabung, für die Wucht eines menschlichen Einzelseins. Wir gebrauchen in diesem Falle das Fremdwort Energie. Der >>Wille<< Napoleons und die Energie Napoleons: das ist etwas sehr Verschiedenes, wie etwa Flugkraft und Gewicht. Man verwechsle die nach außen gerichtete Intelligenz, die den Römer als zivilisierten Menschen vor dem hellenischen Kulturmenschen auszeichnet, nicht mit dem, was hier Wille genannt ist. Cäsar ist nicht Willens-mensch im Sinne Napoleons. Bezeichnend ist der Sprachgebrauch im römischen Recht, das der Poesie gegenüber das Grundgefühl der römischen Seele viel ursprünglicher darstellt. Die Absicht heißt hier animus (animus occidendi), der Wunsch, der sich auf Strafbares richtet, dolus im Gegensatz zur ungewollten Rechtsverletzung (culpa). Voluntas kommt als technischer Ausdruck gar nicht vor.